Perfluorkautschuk (FFKM)
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Verlangt eine Anwendung von einem Gummiformteil eine ausgezeichnete Beständigkeit gegen aggressive Chemikalien oder gutes Verhalten bei hohen Temperaturen, ist FKM häufig die richtige Wahl. Jedoch gibt es Einsatzbereiche, in denen selbst FKM an seine Grenzen stößt und aufgrund extrem aggressiver Chemikalien oder extrem hoher Temperaturen nicht verwendet werden kann. In solchen speziellen Fällen müssen Ingenieure und Anwender auf FFKM zurückgreifen. Dieser Werkstoff, in dem spezielle perfluorierte, also vollständig wasserstofffreie Monomere verwendet werden, wurde entwickelt, um gegen nahezu alle Medien beständig zu sein und sehr hohen Temperaturbelastungen standzuhalten. Vielen ist er bekannt unter dem von DuPont de Nemours vertriebenen Markennamen Kalrez.
In diesem Blogeintrag gehen wir im Detail auf die Eigenschaften von FFKM ein und erläutern, dass es auch bei FFKM erhebliche Unterschiede in der thermischen und chemischen Beständigkeit geben kann.
Allgemeine Informationen über FFKM
FFKM ist die Kurzbezeichnung von Perfluorkautschuk. Eine ebenfalls gebräuchliche Abkürzung ist FFPM, die insbesondere im europäischen Raum verwendet wird. In der Industrie wird häufig der Name Kalrez als Synonym für FFKM gebraucht. Kalrez ist dabei der Markenname von DuPont de Nemours, unter welchem das Unternehmen FFKM-Produkte vertreibt. DuPont de Nemours verkauft dabei jedoch ausschließlich Fertigteile. FFKM-Mischungen können nur von anderen Herstellern wie Daikin Industries aus Japan bezogen werden.
In seiner Medien- und Temperaturbeständigkeit ist FFKM dabei PTFE (Polytetrafluorethylen, auch bekannt unter dem Markennamen Teflon) recht ähnlich. Durch seine hohe Kristallinität (es ist also starr und nicht elastisch) zählt PTFE jedoch zu den Thermoplasten und besitzt sogar Eigenschaften, die eine Einordnung als Duroplast rechtfertigen würden (mehr zum Unterschied zwischen Elastomer, Thermoplast und Duroplast finden Sie hier).
Vereinfacht gesagt wird durch den Einbau von Monomeren die Herstellung eines Elastomers mit den Beständigkeitseigenschaften möglich, die nahezu denen von PTFE entsprechen. Werden dabei teilfluorierte Monomere verwendet, erhält man Fluorelastomere (FKM). Werden jedoch vollständig fluorierte und somit wasserstofffreie Monomere eingesetzt, ergibt sich ein Perfluorelastomer FFKM.
Die Vernetzung bei FFKM-Mischungen kann mittels Diaminen oder Bisphenolen sowie Peroxiden erfolgen. Auch ist eine Triazin-Vernetzungsstruktur möglich. Die Art der Vernetzung hat erheblichen Einfluss auf die thermische und chemische Beständigkeit der FFKM-Mischung. Dies sollte bei der Auswahl des richtigen FFKM-Typs unbedingt berücksichtigt werden. Es ist von daher sehr sinnvoll, sich hinsichtlich der Anforderungen der Anwendung an das Material eng mit dem Hersteller abzustimmen.
Mechanische Eigenschaften von FFKM
FFKM wird nicht eingesetzt, weil es etwa exzellente mechanische Eigenschaften hätte, sondern vor allem wegen seiner hervorragenden Medien- und Hitzebeständigkeit.
Jedoch ist FFKM ein sehr zuverlässiges Material, das in Anwendungen über eine lange Betriebsdauer eingesetzt werden kann. In seinen mechanischen Eigenschaften kann es am ehesten mit herkömmlichem FKM verglichen werden.
FFKM-Mischungen können in der Regel mit einer Härte von 60 Shore A bis 90 Shore A angeboten werden.
Da FFKM hauptsächlich als Werkstoff für O-Ringe oder Dichtungen eingesetzt wird, spielt der Druckverformungsrest eine wichtige Rolle. Der Druckverformungsrest einer typischen FFKM-Mischung mit einer Härte von etwa 70 Shore A liegt zwischen 15 Prozent und 40 Prozent (bei 70h und 200 °C).
Die Reißdehnung kann mit Werten zwischen 125 Prozent und 250 veranschlagt werden. Die Zugfestigkeit nimmt in der Regel Werte zwischen 10 und 20 MPa an.
Thermische Eigenschaften von FFKM
Eine große Stärke von FFKM ist seine herausragende Hitzebeständigkeit. Fertigteile aus FFKM können Temperaturen von bis zu +325 °C ausgesetzt werden.
FFKM wird auch deshalb als Werkstoff für O-Ringe und Dichtungen eingesetzt, weil es bei hohen Temperaturen seine Rückstelleigenschaften bzw. seinen Druckverformungsrest sehr gut aufrechterhält. Hohe Temperaturen können nämlich Gummiformteile angreifen und ihre Vernetzungsstruktur irreversibel schädigen. Werden beispielsweise Gummidichtungen über einen längeren Zeitraum oberhalb ihrer maximalen Dauergebrauchstemperatur eingesetzt, können sie hart und spröde werden und so ihre Rückstellkraft und Dichtwirkung verlieren. FFKM zeigt selbst bei extrem heißen Temperaturen stabile Werte.
Ein wesentlicher Nachteil von FFKM ist jedoch seine geringe Kältebeständigkeit. Die Tieftemperaturflexibilität (Tg) von Kalrez wird von DuPont de Nemours in der Regel mit -8 °C angegeben. Dies ist für die meisten FFKM-Mischungen realistisch. Es sind auch Mischungen erhältlich, die einen Einsatz in niedrigen Temperaturen von bis zu -30 °C zulassen. Diese Mischungen besitzen jedoch nicht die Hitzebeständigkeit wie andere FFKM-Mischungen. Ein für FFKM üblicher Temperaturbereich liegt daher bei -8 °C bis +325 °C.
Medienbeständigkeit von FFKM
Grundsätzlich ist bereits herkömmliches FKM für seine hervorragende Medienbeständigkeit bekannt. Diese wird jedoch von FFKM in einigen Bereichen übertroffen und bietet somit universelle Einsatzmöglichkeiten.
FFKM gilt als Werkstoff, der gegen nahezu alle Chemikalien resistent ist. Hierzu zählen sogar Amine, Ester, Ketone und rauchende HNO3. Im Vergleich zu herkömmlichem FKM besteht darüber hinaus eine gute Beständigkeit gegen feuerbeständige Hydraulikflüssigkeiten.
Gegenüber Öl ist FFKM selbst bei extremen Temperaturen beständig und quillt nicht (siehe hierzu Abbildung 1).
Es gibt jedoch auch Medien, die problematisch für FFKM sind. Unbeständig ist FFKM nämlich gegen Alkalimetalle und perfluorierte Kohlenwasserstoffe.
Nachteile von FFKM
Trotz seiner universellen Chemikalienbeständigkeit und seiner exzellenten Hitzeresistenz ist FFKM ein Material, das unter allen Elastomer-Werkstoffen relativ selten verwendet wird.
Ein wichtiger Grund hierfür ist sicherlich der hohe Preis. Ein Kilogramm FFKM kostet mehrere Tausend Euro und ist damit ungefähr 100-mal teurer als eine gewöhnliche FKM-Mischung. Dennoch finden sich verschiedene Anwendungsbereiche, in denen sich der Einsatz von FFKM auch aus wirtschaftlicher Sicht lohnen kann (siehe unten).
Hinzu kommt, dass sich FFKM schwierig verarbeiten lässt und somit die Herstellung von Teilen nicht einfach ist.
Eingeschränkt wird die Nutzung von FFKM zudem durch die geringe Kältebeständigkeit. Temperaturen unter -8 °C können bereits zum Ausfall von Teilen führen, die aus FFKM gefertigt wurden.
Anwendungsgebiete von FFKM
Generell wird FFKM dort eingesetzt, wo entweder extrem hohe Temperaturen herrschen, die von keinem anderen Elastomer ausgehalten werden, oder wo eine nahezu universelle Chemikalienbeständigkeit erforderlich ist. Dies kann zum Beispiel im Bereich der Erdölgewinnung der Fall sein, in analytischen Instrumenten oder auch bei Abstreifern oder Dichtungen für Drucker.
Hauptsächlich wird FFKM dabei für die Herstellung von O-Ringen und Dichtungen genützt. Bei komplexen Formteilen ist auf die schwierige Verarbeitbarkeit von FFKM zu achten.
Auch wenn ein Fertigteil aus FFKM den Preis eines Fertigteils eines anderen Gummi-Materials wie beispielsweise FKM bei Weitem übersteigt, so kann sich die Verwendung von FFKM trotzdem auch aus finanzieller Sicht lohnen. Betrachtet man nicht nur die Kosten für das Gummiformteil aus FFKM, sondern die Gesamtkosten über die gesamte Lebensdauer eines Systems, so können möglicherweise aufgrund der Zuverlässigkeit des Werkstoffs Wartungsintervalle deutlich erhöht und Ausfallzeiten reduziert werden. Gegebenenfalls lässt sich sogar die Gesamtlebensdauer einer Anlage verlängern. Es sind somit neben den Kosten für das Gummiformteil auch Installationskosten, Kosten für Ausfallzeiten und Wartungskosten bei der Entscheidung über die Verwendung von FFKM zu berücksichtigen.
Übersicht über die Eigenschaften von FFKM
Abschließend soll noch eine zusammenfassende Übersicht über die Eigenschaften von FFKM (Perfluorkautschuk) gegeben werden.
Es ist zu beachten, dass es sich hierbei lediglich um eine generelle Orientierungshilfe handelt und die Darstellung nicht für endgültige Entscheidungen herangezogen werden sollte. Durch gezielten Rezepturaufbau können die einzelnen Eigenschaften von Mischungen positiv wie negativ beeinflusst werden und so von der Darstellung abweichen.
Die Bewertung reicht dabei von ☆☆☆☆☆ (unzureichend) bis ★★★★★ (sehr gut).
Mechanische Eigenschaften: | |
Härtebereich: | 60 Shore A bis 90 Shore A |
Reißfestigkeit (Zugfestigkeit): | ★★★☆☆ |
Reißdehnung (Bruchdehnung): | ★★★☆☆ |
Weiterreißwiderstand: | ★★☆☆☆ |
Druckverformungsrest bei Hitze: | ★★★★☆ |
Druckverformungsrest bei Kälte: | ★☆☆☆☆ |
Rückprallelastizität: | ☆☆☆☆☆ |
Abriebwiderstand: | ★☆☆☆☆ |
Thermische Eigenschaften: | |
Kälteflexibilität: | ★☆☆☆☆ |
Hitzebeständigkeit: | ★★★★★ |
(Chemische) Beständigkeit: | |
Benzin: | ★★★★★ |
Mineralöl (bei 100° C): | ★★★★★ |
Säuren: | ★★★★★ |
Laugen: | ★★★★★ |
Wasser (bei 100° C): | ★★★★★ |
Witterung und Ozon: | ★★★★★ |
UV/Licht: | ★★★★★ |
Sollten Sie weitere detaillierte Informationen zu den Eigenschaften und der chemischen Beständigkeit benötigen oder Fragen hinsichtlich einer bestimmten Anwendung haben, nehme Sie gerne jederzeit Kontakt zu uns auf.
Wenn Sie noch Fragen zu diesem Blogpost haben oder möchten, dass demnächst ein bestimmtes Themengebiet rund um Elastomere behandelt wird, melden Sie sich gerne bei uns per E-Mail unter info@hepako.de
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