Gummiteile in der Medizintechnik

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03.06.2019

 

Ob als eigenständiges Medizinprodukt oder als Bestandteil medizinischer Geräte – Gummiformteile sind für die Medizintechnik von hoher Bedeutung. Um den Anforderungen dieses sensiblen Bereichs gerecht zu werden, müssen bei der Herstellung von Gummiteilen sowohl produktionstechnisch als auch organisatorisch diverse Dinge berücksichtigt werden. Worauf Zulieferer der Medizintechnik dabei besonders zu achten haben, wird in diesem Blogeintrag erläutert.

Neben fertigungsspezifischen Herausforderungen setzen wir uns hierbei unter anderem mit den Themen Biokompatibilität, Qualitätsmanagement und Reinraumfertigung auseinander.

Anwendungsbereiche von Gummi in der Medizintechnik

Gummiteile sind für die Medizintechnik von unerlässlicher Bedeutung und in vielen Fällen das zentrale Bauteil, das für die Funktion eines Geräts entscheidend ist.

Da es im medizinischen Bereich zahlreiche Anwendungen gibt, in denen Gummiteile zu finden sind, möchten wir zu Beginn ein paar konkrete Beispiele nennen und diese in verschiedene Kategorien unterteilen.

Zunächst einmal gibt es einzelne Teile oder Baugruppen, mit denen der Mensch nicht direkt in Kontakt kommt, die aber dennoch eine kritische Rolle für dessen Wohlbefinden spielen. Membranen, Gummiventile, Dichtungen oder Schläuche sind Kernelemente von Pumpen, die in der Medizintechnik zum Beispiel in Krankenhäusern verwendet werden. So werden Membranpumpen zur Analyse von Gasen eingesetzt und kommen in medizinischen Autoklaven vor, die der Sterilisation und Entkeimung von Materialien und Gegenständen dienen. In anderen Pumpen sorgen Gummiteile dafür, dass Patienten durch die Verwendung von Luftbetten das Dekubitusrisiko (Wundliegen) verringern, Flüssigkeiten gefördert werden, Beatmungsgeräte kranke Menschen ausreichend mit Sauerstoff versorgen oder Zahnärzte Dentalwerkzeuge antreiben und Flüssigkeiten absaugen können. Auch werden Griffe von Operationsbesteck und chirurgischen Instrumenten aufgrund seiner hervorragenden medizinischen Eigenschaften häufig aus Silikon gefertigt.          

Dann gibt es Artikel, die in Geräten genutzt werden, mit denen der Mensch direkten Hautkontakt hat. Hier kann man wiederum differenzieren, ob diese Geräte mit dem Menschen kurzzeitig in Berührung kommen oder sie am Körper oder im Körper getragen werden.

Bei der Behandlung von Wunden werden beispielsweise Pflaster aus Silikon eingesetzt. Wunddistanzgitter sorgen dafür, dass Wundauflagen nicht mit der Wunde verkleben und ein schmerzfreier Verbandswechsel möglich ist. In Hörgeräten kommen Gummiteile in Form von Dichtungen, Mikrofonlagerungen oder Empfängeraufnahmen vor und helfen so, die Lebensqualität von Menschen mit Hörleiden zu erhöhen. Diabetes-Patienten wiederum haben die Möglichkeit, Insulinpumpen zu tragen und so laufend mit Insulin versorgt zu werden. Wie die Bauchspeicheldrüse gibt die Insulinpumpe Insulin an den Menschen ab und übernimmt so das Diabetesmanagement. Das regelmäßige Spritzen entfällt und der Blutzucker des Patienten kann stabil reguliert werden.

Als Implantate treten Gummiteile an verschiedenen Stellen im menschlichen Körper in Erscheinung. So spielt Silikon in der Orthopädie beim Einsatz künstlicher Gelenke eine Rolle. In der Urologie werden Blasenkatheter aus Silikon eingesetzt, die mit einem Silikonballon ausgestattet sind (sogenannte Ballonkatheter). Während über den Katheter selbst Urin aus der Harnblase abgeleitet wird, dient der Ballon dazu, den Katheter in der Harnröhre zu stabilisieren. Im Bereich der Behandlung von Epilepsien können Vagusnervstimulatoren implantiert werden, deren Außenhülle und Isolierung aus Silikon ist. Ähnliches gilt bei der tiefen Hirnstimulation, die zum Beispiel bei Parkinsonerkrankungen durchgeführt wird. Bekannt ist in diesem Zusammenhang der Begriff des Hirnschrittmachers. Auch bei Herzschrittmachern wird zur Isolation Silikon verwendet. Die Verankerung beziehungsweise Verbindung der Elektroden eines Herzschrittmachers mit dem Herzmuskel kann durch Silikonanker geschehen. Auch in Kunstherzen (Herzunterstützungssysteme, ventricular assist device) kommt Silikon zur Anwendung.

Offizielle Klassifizierung von Medizinprodukten        

Die offizielle Klassifizierung von Medizinprodukten zum Beispiel durch die Europäische Union (EU) ist kompliziert. Dennoch möchten und müssen wir an dieser Stelle darauf eingehen, da sich aus dieser Klassifizierung die Anforderungen an die Zulieferer und Hersteller von Medizinprodukten ergeben.

In der EU werden bzw. wurden Medizinprodukte eingeteilt entsprechend der Richtlinie 93/42/EWG, die allerdings durch die Verordnung (EU) 2017/745 aufgehoben wurde. Die Richtlinie 93/42/EWG wird durch die Medizinprodukte-Verordnung (Medical Device Regulation, MDR) ersetzt. Sie ist seit dem 25. Mai 2017 gültig.

Die Europäische Union unterscheidet dabei einerseits zwischen aktiven Medizinprodukten, nicht-aktiven Medizinprodukten und Medizinprodukten mit Messfunktion. Aktiv bedeutet dabei, dass das Produkt durch eine externe Quelle mit Energie versorgt wird.

Darüber hinaus gibt es in der EU eine Risiko-Klassifizierung des Medizinprodukts im Hinblick auf dessen Verletzbarkeit für den Menschen. Dabei findet je nach Risiko der Anwendung eine Einteilung in vier Klassen statt: I, IIa, IIb und III. Risikoklasse III bedeutet dabei das höchste Gefahrenpotential für den Menschen.

Die Einteilung von Medizinprodukten in die einzelnen Risikoklassen erfolgt gemäß verschiedener Kriterien. Es wird zum Beispiel untersucht, wo das Medizinprodukt eingesetzt wird (im Körper, am Körper etc.), wie lange die Anwendung dauert oder ob es sich um ein aktives Medizinprodukt handelt.

 

Risikoklasse Beschreibung Beispiele
I

- Keine methodischen Risiken

- geringer Invasivitätsgrad

- kein oder unkritischer Hautkontakt

- vorübergehende Anwendung ≤ 60 Minuten

- Rollstuhl

- Verbandmittel

- Patientenbetten

IIa

- Anwendungsrisiko

- mäßiger Invasivitätsgrad

- kurzzeitige Anwendungen im Körper (im Auge, intestinal, in chirurgisch geschaffenen Körperöffnungen)

- kurzzeitig ≤ 30 Tage, ununterbrochen oder wiederholter Einsatz des gleichen Produkt

- Kontaktlinsen

- Hörgeräte

- Muskelstimulatoren

- Zahnkronen

- Trachealtuben

IIb

- Erhöhtes methodisches Risiko

- systemische Wirkungen

- Langzeitanwendungen

- nicht invasive Empfängnisverhütung

- langzeitig ≥ 30 Tage, sonst wie bei kurzzeitig

- Beatmungsgeräte

- Röntgengeräte

- Defibrillatoren

- Dentalimplantate

- Dialysegeräte

- Anästhesiegeräte

III

- entspricht hohem Gefahrenpotential

- Besonders hohes methodisches Risiko

- zur langfristigen Medikamentenabgabe

- Inhaltsstoff tierischen Ursprungs und im Körper

- unmittelbare Anwendung an Herz, zentralem Kreislaufsystem oder zentralem Nervensystem

- invasive Empfängnisverhütung

- Herzkatheter

- Künstliche Gelenke

- Brustimplantate

- Koronarstents

Tabelle 1: Risikoklassifizierung und entsprechende Beispiele von Medizinprodukten in der Europäischen Union

Die Klassifizierung unterscheidet sich dabei von Land zu Land. In den Vereinigten Staaten von Amerika beispielsweise gibt es nach Vorgabe der FDA (Food and Drug Administration) drei Risikoklassen. Die Einteilung erfolgt dabei anhand des Maßes an Kontrolle des Medizinprodukts, das notwendig ist, um Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten.

Risikoklasse Beschreibung Beispiele
I

- Geringes Risiko (General controls)

- Medizinprodukte, die keinen entscheidenden Beitrag zum Überleben leisten

- Bandagen

- Untersuchungs-Handschuhe

II

- Moderates Risiko (General controls with special controls)

- Medizinprodukte, die in Kontakt mit der menschlichen Haut, Körperflüssigkeit oder Knochen in Berührung kommen

- Vorübergehende Implantate

- Einmalprodukte

- Operationsbesteck

- Katheter

- Einmal-Komponenten medizinischer Geräte

III

- Hohes Risiko (General controls, special controls and premarket approval);

- Medizinprodukte, die Leben retten oder vor Tod schützen

- Langzeit-Implantate (30 Tage oder länger im menschlichen Körper)

- Defibrillatoren

- Herzpumpen

- Künstliche Gelenke

Tabelle 2: Risikoklassifizierung und entsprechende Beispiele von Medizinprodukten in den Vereinigten Staaten (USA)

Bei den beiden vorhergehenden Darstellungen und insbesondere den Beispielen für Medizinprodukte ist zu beachten, dass weder durch die EU-Richtlinien noch durch nationale Gesetzgebungen eine Einteilung zu den Risikoklassen erfolgt. Es wird stets der Einzelfall betrachtet und vom Hersteller eine Klassifizierung unter Berücksichtigung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs (intended use) durchgeführt.

Unabhängig von den offiziellen Einteilungen in die verschiedenen Risikoklassen und den unterschiedlichen nationalen Auslegungen sind die Konsequenzen und Anforderungen, die sich für die Hersteller von Medizinprodukten und deren Zulieferer ergeben, sehr ähnlich. Generell lässt sich festhalten, dass die Anforderungen umso größer sind, je riskanter oder überlebenswichtiger das Medizinprodukt für den Menschen ist.

Anforderungen an Material und Fertigungsprozess bei der Herstellung von Gummiteilen für die Medizintechnik

Bei der Fertigung von Gummiteilen für den medizintechnischen Bereich werden an die Hersteller besondere Anforderungen an die Qualität der Produkte und das Verhalten der Mitarbeiter gestellt.

Die Hersteller tragen eine besondere Verantwortung, da sie als Zulieferer oder OEM Produkte herstellen, die die Lebensqualität erhöhen sollen und in vielen Fällen einen Beitrag zur Rettung von Menschenleben leisten. Bei der Produktion erfordert dies exaktes Arbeiten, hohe Präzision, Fertigung in engen Toleranzbereichen und ein außerordentliches Maß an Zuverlässigkeit.

Die Mitarbeiter müssen hierfür entsprechend regelmäßig geschult und für die Herstellung von Produkten für die Medizintechnik sensibilisiert werden.

Im Folgenden soll auf drei spezielle Themen im Detail eingegangen werden, mit denen Hersteller oder Zulieferer medizinischer Produkte regelmäßig konfrontiert werden:

Biokompatibilität - USP Class VI und ISO 10993

Biokompatibilität bedeutet, dass Werkstoffe, Baugruppen oder Produkte keinen negativen Einfluss auf den Menschen oder Lebewesen allgemein haben. Entsprechend dürfen Materialien, die in direktem oder indirektem Kontakt mit dem menschlichen Körper stehen, den Anwender nicht schädigen und müssen frei von gefährlichen Stoffen und Nebenwirkungen sein.

Nicht immer wird für Gummiteile und deren Materialien dabei Biokompatibilität gefordert. Entscheidend ist dabei, inwiefern die Formteile mit dem Menschen in Kontakt kommen. Wenn beispielsweise Membranen oder Dichtungen aus EPDM oder FKM in Pumpen für den medizinischen Bereich verbaut werden, wird in vielen Fällen keine Biokompatibilität erforderlich sein. Zu beachten ist dabei jedoch, inwieweit das Fördermedium mit dem Menschen in Berührung kommt.

In vielen medizinischen Anwendungen ist aber Biokompatibilität notwendig. Im Elastomerbereich werden dann zumeist Silikone verwendet. Silikon erfüllt öfter und leichter als andere Materialien die Anforderung der Biokompatibilität. Je nach Art der Anwendung unterscheidet man zwischen Silikonen, die hinsichtlich bestimmter Kriterien auf Biokompatibilität getestet wurden, medizinischen Silikonen und langzeit-implantierbaren Silikonen. Die Materialhersteller haben dabei verschiedene Vorschriften in Bezug auf die Produktion und Dokumentation zu beachten. Bei medizinischen Silikonen und langzeit-implantierbaren Silikonen gibt es beispielsweise Datensätze (sogenannte Device Master Files oder Master Access Files), die bei Regulierungsbehörden wie der FDA hinterlegt sind. Diese enthalten Informationen über die Zusammensetzung des Materials, dessen Verarbeitung und Prüfung. Die Datensätze können dann von Herstellern bei der Zulassung von Medizinprodukten verwendet werden.

Die Überprüfung der Biokompatibilität erfolgt dabei in Testverfahren nach den Vorgaben zweier Regelwerke: USP Class VI und ISO 10993. Bei Komponenten, die keine besonders strengen Anforderungen an die Biokompatibilität stellen, kann auch eine niedrigere Einstufung nach USP Class I bis V ausreichend sein.

Die ISO 10993 ist dabei wesentlich umfangreicher und war vorgesehen, die Prüfung nach USP Class VI (United States Pharmacopeia Class VI) zu ersetzen. Allerdings ist die Prüfung nach USP Class VI weiterhin sehr verbreitet und kommt bei der Prüfung von Elastomeren häufig zur Anwendung. Für die Durchsetzung der Richtlinien der USP ist die amerikanische FDA zuständig.

Auch wenn die Testverfahren der beiden Regelwerke unterschiedlich sind, sollen beide die Verträglichkeit eines bestimmten Produkts oder Werkstoffs für den Menschen überprüfen. So werden im Rahmen der Überprüfungen beispielsweise Tests durchgeführt auf Pyrogenität, Hämokompatibilität, Mutagenität/Genotoxizität oder Zytotoxitität.

Die Einstufung entsprechend der ISO 10993 ist komplexer, aufwendiger und teurer. In den meisten Fällen ist eine Überprüfung und Einstufung der Biokompatibilität nach USP Class VI ausreichend.

Übrigens reicht der Nachweis, dass ein (Roh-)Material biokompatibel ist, für Hersteller von Medizinprodukten in der Regel nicht aus. Gegenüber den Regulierungsbehörden müssen Nachweise erbracht werden, dass das gesamte Medizinprodukt biokompatibel und damit für den Menschen verträglich ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass durch zwischenliegende Fertigungsprozesse keine negativen Wirkungen entstehen.

Qualitätsmanagement - EN ISO 13485

Hersteller von Medizinprodukten und Zulieferer der Medizintechnik sind in ihrem Handeln besonders strengen Regeln unterworfen, da die Qualität ihrer Produkte das Leben und die Lebensqualität zahlreicher Menschen beeinflusst. Die Qualität eines Produkts hat zentralen Einfluss auf dessen Wirksamkeit und somit die Sicherheit von Patienten.

Aus diesem Grund werden an Hersteller in diesem Bereich besondere Anforderungen an die Qualität von Produkten und Prozessen gestellt. Unternehmen müssen daher entsprechende Qualitätsmanagementsysteme implementieren. Orientiert an den Anforderungen im Medizinbereich werden dabei Unternehmensabläufe definiert und beschrieben, eingeführt, dokumentiert und von den Mitarbeitern gelebt. 

Von herausragender Bedeutung ist dabei die Norm EN ISO 13485 „Medizinprodukte: Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen für regulatorische Zwecke“.

Die Norm EN ISO 13485 enthält Forderungen zur Herstellung und das Inverkehrbringen von Medizinprodukten und Komponenten von Medizinprodukten. Im Detail befasst sie sich mit den Anforderungen, die OEMs und Zulieferer von Medizinprodukten bei der Entwicklung, Umsetzung und Aufrechterhaltung eines Qualitätsmanagementsystems erfüllen müssen und berücksichtigt dabei auch Anforderungen von Kunden, Behörden und Regulierungsstellen. Je nach Risikoklassifizierung des Medizinprodukts ist die Führung eines Qualitätsmanagementsystems nach den Vorgaben der EN ISO 13485 für Hersteller verpflichtend und erstreckt sich dabei auch auf die Konformität mit EU-Richtlinien wie zum Beispiel der 93/42/EWG beziehungsweise deren Nachfolger, der Verordnung über Medizinprodukte (EU) 2017/745.

Die Norm berührt dabei alle Bereiche eines Unternehmens, die qualitätsrelevant sind. So geht sie dabei beispielsweise darauf ein, wie einzelne Prozesse vorbereitet, überprüft und dokumentiert werden müssen, wie Dokumente ausgestaltet sein sollen und wie sie aufzubewahren sind, wie die Nachverfolgung von Prozessen gewährleistet werden soll, welche Verantwortung die Geschäftsleitung trägt, welche Anforderungen an die Schulung von Mitarbeitern gestellt werden, wie mit Kundenreklamationen umgegangen werden soll, inwiefern Produkte und Prozesse zu validieren sind oder wie mit gewonnenen Daten Verfahren verbessert werden sollen. Das gesamte Unternehmen soll so ausgerichtet und bei den Mitarbeitern ein entsprechendes Bewusstsein geschaffen werden, dass die hergestellten Produkte die Qualität besitzen, um dem Einsatz im medizinischen Bereich gerecht zu werden.

Vielen Unternehmen im Industriebereich ist in Bezug auf das Qualitätsmanagementsystem die Norm EN ISO 9001 bekannt. Grundsätzlich ist die EN ISO 13485 dieser Norm ähnlich, enthält aber zusätzliche, spezielle Anforderungen für Medizinprodukte und ist daher anders formuliert. Der große Unterschied liegt dabei darin, dass die EN ISO 9001 vor allem auf kontinuierliche Verbesserungen im Unternehmen abzielt, während die EN ISO 13485 die Sicherheit der Produkte in den Mittelpunkt stellt. Die Anforderungen, die durch die EN ISO 13485 gestellt werden, sollen gewährleisten, dass die Unternehmensprozesse hinsichtlich der Sicherheit der Produkte für den Patienten wirksam sind.

Ein Qualitätsmanagementsystem entsprechen den Vorgaben der EN ISO 9001 ist daher für den Medizinbereich in den meisten Fällen nicht ausreichend.

Um die Konformität seines Qualitätsmanagementsystems mit den Vorgaben der EN ISO 13485 sicherzustellen und gegenüber der Öffentlichkeit präsentieren zu können, muss sich der Hersteller oder Zulieferer regelmäßig von unabhängigen Stellen überprüfen und zertifizieren lassen. Akkreditierte Unternehmen wie beispielsweise TÜV Süd, TÜV Rheinland oder Dekra führen solche Zertifizierung durch. Für Hersteller und Zulieferer von Medizinprodukten ist dies einerseits mit großem Aufwand und Kosten verbunden, bietet aber gleichzeitig die Chance, die Qualität der Produkte zu verbessern und Prozessabläufe zu optimieren.

Die Zertifizierung nach EN ISO 13485 wird auch in den Vereinigten Staaten von der Food and Drug Administration (FDA) anerkannt. Die FDA ist dort für die Zulassung von Medizinprodukten zuständig und prüft, ob ein Unternehmen die für den Medizinbereich notwendigen Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem (Quality System Regulations, QSR) erfüllt.

Reinraum - EN ISO 14644

Werden Formteile aus Silikon oder anderen Kautschuken für die Medizintechnik gefertigt und ist das Medizinprodukt in einer hohen Risikoklasse eingestuft, kann eine Herstellung und Weiterverarbeitung des Artikels im Reinraum erforderlich sein, um die Kontaminierung mit Fremdpartikeln zu vermeiden. Dabei ist darauf zu achten, dass der gesamte Prozess von der Vorbereitung des (Roh-)Materials bis zum Verpacken des Gummiteils im Reinraum unter den entsprechenden Voraussetzungen stattfindet. Gerade das Handling des Rohmaterials birgt große Risiken der Kontamination.

Anforderungen an Reinräume sind in der Norm EN ISO 14644 definiert. Die Norm teilt Reinräume entsprechend der Luftreinheit anhand der Partikelkonzentration in verschiedene Reinraumklassen ein. Die Einteilung gemäß EN ISO 14644-1 löste dabei vor einiger Zeit den alten US Federal Standard 209E ab. Kunden insbesondere aus dem amerikanischen Raum verwenden bei Anfragen jedoch noch regelmäßig die Einteilung entsprechend der früheren US-Norm.

  Maximale Partikel pro Kubikmeter

FED STD 209E Äquivalent,  Klasse

Klasse ≥0,1µm ≥0,2µm ≥0,3µm ≥0,5µm ≥1,0µm ≥5,0µm  
ISO 1 10 2,37 1,02 0,35 0,083 0,0029    
ISO 2 100 23,7 10,2 3,5 0,83 0,029  
ISO 3 1.000 237 102 35 8,3 0,29 1
ISO 4 10.000 2.370 1.020 352 83 2,9 10
ISO 5 100.000 23.700 10.200 3.520 832 29 100
ISO 6 1.000.000 237.000 102.000 35.200 8.320 293 1.000
ISO 7 10.000.000 2.370.000 1.020.000 352.000 83.200 2.930 10.000
ISO 8 100.000.000 23.700.000 10.200.000 3.520.000 832.000 29.300 100.000
ISO 9 1.000.000.000 237.000.000 102.000.000 35.200.000 8.320.000 293.000 Raumluft

Tabelle 3: Reinraumklassen nach ISO 14644-1

Medizinprodukte, die zur Implantation vorgesehen sind (Risikoklasse III), erfordern in der Regel mindestens einen Reinraum Klasse 7. In manchen Fällen ist sogar ein Reinraum der Klasse 5 nötig.

Damit man als Hersteller von Gummiteilen für die Medizin die Norm und die Anforderungen einhalten kann, muss der Reinraum entsprechend gestaltet und technologisch ausgestattet sein. Das Ziel ist dabei, die Kontaminierung mit Fremdpartikeln zu kontrollieren und somit im Rahmen der Norm EN ISO 14644-1 zu halten.

Grundsätzlich geschieht das in Reinräumen durch eine Steuerung der Luftbewegungen (Herstellung von Unterdruck) sowie einer HEPA-Filterung der Zuluft in den Raum.

Eine kritische Quelle von Kontaminierung ist der Mensch. Mitarbeiter müssen daher geeignete Kleidung tragen und ein Bewusstsein für das richtige Verhalten im Reinraum entwickeln.

Im Bereich der Fertigung ist es nahezu unmöglich, die Entstehung von Partikeln zu vermeiden. Dies gilt auch für die Herstellung von Gummiteilen. Vor dem Verpacken und der Auslieferung werden vulkanisierte Formteile daher häufig gewaschen. Dabei ist zu beachten, dass das Waschen von Teilen und die in der Medizinproduktherstellung bekannte Sterilisation, also die Entkeimung, zwei unterschiedliche Prozesse darstellen. In den meisten Fällen werden die Gummiteile von den Zulieferern gewaschen und dann von den Kunden (z. B. OEMs) sterilisiert, um so das gewünschte Kontaminationslevel des Produkts zu erreichen und von Keimen zu befreien. Ein möglichst sauberes Gummiteil erleichtert dem OEM dabei die Entkeimung durch Sterilisation.

Wenn Sie noch Fragen zu diesem Blogpost haben oder möchten, dass demnächst ein bestimmtes Themengebiet rund um Elastomere behandelt wird, melden Sie sich gerne bei uns per E-Mail unter info@hepako.de

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